Darf ein Fingerabdruck unter Anwendung von Zwang genutzt werden, um ein Mobiltelefon zu entsperren? Das OLG Bremen bejaht dies mit Verweis auf § 81b Abs. 1 StPO, der erkennungsdienstliche Maßnahmen in technikneutraler Weise regelt.
Das AG Bremerhaven hatte einen Angeklagten zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen à zehn Euro verurteilt, weil er sich bei einer Wohnungsdurchsuchung wegen des Verdachts auf Verbreitung kinderpornografischer Inhalte gegen Vollstreckungsbeamte widersetzt hatte. Laut Berufungsurteil weigerte sich der Mann vehement, sein Mobiltelefon freiwillig zu entsperren.
Zunächst täuschte der Angeklagte vor, kein Handy zu besitzen – bis ein Mobiltelefon in seiner Nähe klingelte. Als eine Beamtin ihn aufforderte, das Gerät per Fingerabdruck zu entsperren, verweigerte er dies. Nachdem ihm erklärt wurde, dass dies andernfalls mit Zwang durchgesetzt würde, versuchte er zu flüchten. Die Beamten hielten ihn fest, brachten ihn trotz Gegenwehr zu Boden und fixierten ihn. Anschließend entsperrten sie das Handy, indem sie seinen Finger auf den Sensor legten. Der Angeklagte hielt die Maßnahme für rechtswidrig und argumentierte, das strafprozessuale Verbot der Selbstbelastung schließe eine Verpflichtung zur Mitwirkung an der Handy-Entsperrung aus. Die ihm vorgeworfene Tat sei daher gemäß § 113 Abs. 3 StGB nicht strafbar, da die Diensthandlung nicht rechtmäßig gewesen sei.
Mit dieser Argumentation scheiterte er sowohl vor der Berufungs- als auch vor der Revisionsinstanz. Das OLG Bremen entschied, dass die zwangsweise Entsperrung des Mobiltelefons durch Auflegen des Fingers zulässig war (Beschluss vom 08.01.2025 – 1 ORs 26/24). Die Maßnahme basiere auf § 81b Abs. 1 StPO, der technikoffen formuliert sei und auch vergleichbare Maßnahmen wie das Auflegen eines Fingers auf einen Fingerabdrucksensor erlaube.
Das Gericht stellte zudem fest, dass diese Maßnahme weniger tief in die Rechte des Betroffenen eingreife als die in § 81b Abs. 1 StPO ausdrücklich genannte Abnahme von Fingerabdrücken. Beim Fingerauflegen handle es sich lediglich um eine einmalige Vermessung ohne dauerhafte Speicherung durch die Ermittlungsbehörden. Obwohl die zwangsweise Vermessung biometrischer Daten in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung eingreife, sei dieser Eingriff aufgrund seiner geringen Intensität und des allgemeinen Gesetzesvorbehalts nach Art. 2 Abs. 1 GG durch § 81b Abs. 1 StPO gerechtfertigt.
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