Das AG München hat einen betrunkenen E-Scooter-Fahrer mit 1,35‰ wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 55 Euro verurteilt, ein dreimonatiges Fahrverbot ausgesprochen, die Fahrerlaubnis entzogen und die Verwaltungsbehörde angewiesen, ihm vor Ablauf von sieben Monaten keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen.
Der bis auf ein Bußgeld wegen unerlaubter Handynutzung im Verkehr unvorbelastete 30-jährige angestellte Sachverständige aus Kevelaer fuhr im Anschluss an einen Wiesnbesuch am 03.10.2019 gegen 22:15 Uhr mit einem E-Scooter auf der Hochstraße in München. Er hatte ihn am Rosenheimer Platz angemietet und fuhr circa 300 m, bevor er angehalten wurde. Er hatte beabsichtigt, den Weg von etwa 400 m zu seinem Hotel zurückzulegen. Die bei ihm um 22:40 Uhr entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 1,35‰ im Mittelwert. Der als Zeuge einvernommene Polizeibeamte gab an, dass Ausfallerscheinungen des im Rahmen einer Schwerpunktkontrolle angehaltenen Angeklagten nicht festzustellen gewesen wären. Er wäre selbst von der Höhe des an Ort und Stelle gemessenen Atemalkoholwertes überrascht gewesen
Das AG München verurteilte den Angeklagten wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 55 Euro, einem dreimonatigen Fahrverbot, entzog ihm die Fahrerlaubnis und wies die Verwaltungsbehörde an, ihm vor Ablauf von sieben Monaten keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen.
Nach Auffassung des Amtsgerichts sind gemäß § 1 Abs. 1 eKFV Elektrokleinstfahrzeuge wie der E-Scooter Kraftfahrzeuge. Soweit der Angeklagte anführte, er sei nicht davon ausgegangen, dass E-Scooter straßenverkehrsrechtlich wie Autos einzustufen seien, handele es sich um einen Verbotsirrtum, der für den Angeklagten vermeidbar war. Als Straßenverkehrsteilnehmer hätte er sich – gerade bei Nutzung von neu im Verkehrsraum erschienenen Fahrzeugen – vor Fahrtantritt kundig machen müssen. Dies gilt umso mehr, als die straßenverkehrsrechtliche Einordnung elektromotorenbetriebener Fahrzeuge, sowohl im Zusammenhang mit E-Scootern, als auch schon zuvor mit ähnlichen Fahrzeugen in der breiten Öffentlichkeit problematisiert wurde.
Bei der Strafzumessung spreche zu Gunsten des Angeklagten, dass er nicht vorbestraft sei und durch sein Verhalten letztlich keine Gefährdung eingetreten sei. Auch sei die verhältnismäßig überschaubare Fahrstrecke – insoweit folgt das Gericht den glaubhaften Angaben des Angeklagten – von nur etwa 300 m zu berücksichtigen, ebenso der Umstand, dass der Angeklagte nicht mit einem Pkw, sondern einem wesentlich leichteren E-Scooter fuhr.
Gemäß § 69 Abs. 2 Nr. 2 StGB sei die Fahrerlaubnis zu entziehen. Insoweit liege ein Regelfall vor, wonach sich der Angeklagte als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen habe. Ein Abweichen vom Regelfall sei vorliegend nicht angezeigt. Zwar handele es sich um eine Fahrt mit einem E-Scooter, welcher im Verhältnis zu einem herkömmlichen Pkw deutlich leichter sei, und um eine Fahrstrecke von nur circa 300 m. Jedoch handele es sich auch nicht um eine Bagatelle, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ein Abweichen vom Regelfall erfordere. Der Gesetzgeber habe sich bewusst dafür entschieden, weder bei den Ordnungswidrigkeiten noch bei den Straftaten abweichende Regelung für Trunkenheitsfahrten mit E-Scootern zu treffen.
Überdies sei zur Einwirkung auf den Angeklagten ein Fahrverbot von drei Monaten zu verhängen, da der Angeklagte durch die Nutzung von E-Scootern gezeigt habe, dass er auch auf fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge zurückgreife.
Das Urteil ist nach Verwerfung der Sprungrevision des Angeklagten durch Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 24.07.2020 rechtskräftig.
Pressemitteilung des AG München Nr. 39/2020 v. 28.08.2020
Eine Antwort hinterlassen